Montag, 11. Mai 2009

Peter Broderick im Gleis 22

Wo sich sonst die Fans vor der Bühne drängen und sich gegenseitig auf die Füße treten, stehen ordentlich aufgereihte Klappstühle. Die Zuhörer sitzen still auf ihren Plätzen und lauschen aufmerksam. Die Bar hat geschlossen, kein Flaschenklirren soll die intime Atmosphäre stören - ein Bild, das man im Gleis 22 selten sieht. Normalerweise herrscht hier reges Treiben, es wird geredet und gelacht, man prostet sich zu und ist gut aufgelegt. Heute aber ist alles ernst und still, wenn überhaupt geredet wird, dann im Flüsterton. Verantwortlich für die andächtige Stimmung ist Peter Broderick. Mit seinen gerade mal 21 Jahren gehört er in seiner Heimatstadt Portland, Oregon, zu den Jungspunden, doch herumgekommen ist er schon reichlich. Nach ersten Erfahrungen in der Songwriterszene Portlands, die auch schon Künstlern wie den Decemberists oder Elliott Smith ein Nährboden war, ging er nach Dänemark, um als Violinist mit der Band Efterklang durch Europa zu touren. Der skandinavische Einfluss spiegelt sich auch in seiner Musik deutlich wider: instrumentale Zurückhaltung, Melancholie, getragene, weit ausholende Flächen und viel Raum.

Jetzt ist Broderick auf Tour, am Dienstag gab er im Gleis 22 sein Münster-Debut – ein Konzert, intim wie ein Gespräch unter vier Augen. Broderick ist kein Entertainer, eine klassische One-Man-Show sollte also keiner erwarten. Das Wort „Show“ kommt bei ihm gar nicht vor. Vielmehr verschwindet er fast hinter seinen Stücken, spricht wenig und stellt sich ganz in den Dienst der Musik. Mit einem Arsenal von Instrumenten baut er seine vielstimmigen Stücke geschickt auf, schichtet Lage um Lage aufeinander und schafft so eine Atmosphäre, die sonst nur einer ganzen Band gelingen könnte. Neben Geige, Piano, Gitarre und diversen kleinen Schmankerln wie Fuchsschwanz und Tonflöte ist dabei die Loopmaschine sein wichtigster Gehilfe. So schafft er im Alleingang wunderbar versponnene, tiefe und herzerweichend schöne Stücke zwischen kleinen Instrumentalperlen und schlichten, großartig melancholischen Songs. Doch trotz der Virtuosität, mit der er Technik und Musikalität miteinander verbindet, gibt er sich schüchtern und zurückhaltend, als traue er seinen eigenen Fähigkeiten nicht recht über den Weg. Dabei geben ihm der Applaus und die zwei vehement eingeforderten Zugaben Recht – hier ist ein großer Melancholiker am Werk, der nicht nur spielen kann, sondern auch noch wunderschöne Musik schreibt.

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