Emir Kusturica und Tom Waits sitzen in der Kneipe und trinken sich einen. Irgendwann beschließen sie, eine Band zu gründen. Als sie die ersten Stücke schon geschrieben haben, kommt plötzlich John Lennon zur Tür herein und fragt: „Jungs, kann ich mitmachen?“ So ungefähr klingt es, wenn die Great Bertholinis zum Tanz aufspielen.
Acht grandiose Trunkenbolde, mit allen Wassern gewaschen und vom Wein gesegnet, sind ausgezogen, um die Musikwelt auf links zu ziehen. Reizüberflutung, Eklektizismus, musikalischer Wahnsinn – auf ihrer umstürzlerischen Mission machen sie Clubs zu Schmelztiegeln und hinterlassen begeisterte, ungläubige Gesichter. „Was war das denn gerade?“
Die Musik aus dem Hause Bertholini ist ein Monster aus tanzbarer Puszta-Sehnsucht, staubigen Bluegrasspassagen, schrägem Zirkuswalzer und rumpelnder Kneipenpolka. Wer dahinter jetzt einen weiteren Kandidaten für den überall abgefeierten Balkan-Hype vermutet, liegt zwar nicht ganz falsch. Doch die ungarisch-fränkische „Big Band“ kann noch viel mehr: Zu den üblichen Zutaten einer Ostblockkapelle gesellen sich noch Handclaps, beatle-eske Harmonien und leichtfüßige Indiepop-Referenzen. Dazu noch eine Mariachi-Trompete, ein Banjo und ... ach, das ließe sich ewig fortführen.
Und wer die Bertholinis einmal auf der Bühne gesehen hat, findet diese Mischung auch gar nicht mehr so abwegig. Ihr grandioses Konzert auf der winzigen Bühne des Amp war eine logistische Meisterleistung. Die räumliche Enge schien aber gerade herausfordernd zu wirken: Gitarrist Oskár wagte zum Finale einen riskanten Sprung von der Box, und das kommt im Amp echt nicht alle Tage vor.
Die Great Bertholinis tragen ihren Namen völlig zurecht: eine großartige Liveband, die die gängigen Balkan-Pop-Klischees längst hinter sich gelassen hat und so selbstverständlich und erhaben durch den Fundus zeitgenössischer Popkultur manövriert, dass es eine helle Freude ist. Große Klasse!
Sonntag, 19. April 2009
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