Sonntag, 10. Juni 2007

Einen schönen guten Abend allerseits...

Hier werde ich in Zukunft über Musik schreiben - und über alles andere was mir relevant erscheint. Alles höchst subjektiv und ohne Anspruch auf Richtigkeit oder Allgemeingültigkeit.
Viel Spaß beim Lesen!

Beginnen möchte ich mit ein paar Hip Hop-Alben, die in letzter Zeit ihren Weg in meine Anlage gefunden haben.
Hip Hop hat es mir in den letzten Jahren immer schwerer gemacht, mich für ihn zu begeistern. Natürlich gibt es unglaublich viel Potential im Untergrund, aber was momentan die Massen erreicht, hat nur noch peripher mit dem zu tun, was mich damals zu dieser Kultur und damit auch zu der Musik gebracht hat. Nun ja, diese Einstellung ist nicht neu, und originell ist es auch nicht, den Status Quo der Rapmusik im Jahre 2007 anzuprangern. Das haben andere vor mir besser getan. Deshalb will ich mich auch nicht weiter in Allgemeinplätzen verlieren; worauf ich hinaus will ist, dass es - glücklicherweise und fast schon überraschend - die alten Hasen im Game sind, die mit ihren neuen Alben eine Alternative zum synthetischen Einheitsbrei bieten.

Da ist zum Beispiel Common, der zwei Jahre nach seinem großartigen Album "Be" bereits den nächsten Instant-Klassiker raushaut. Das Ding heißt "Finding Forever" und wird so ab Juli in den einschlägigen Plattenläden zu kaufen sein. Und was man bisher übers Netz hören konnte, lässt zu Recht hoffen auf einen würdigen "Be"-Nachfolger. Für die Produktion zeichnet, wie auch schon bei "Be", hauptsächlich Kanye West verantwortlich. Und er gefällt mir immer besser - das nervige Stimmengepitche, mit dem er einen beinahe universalen Trend im Produzieren mitbegründet hat, rückt in den Hintergrund. Was bleibt, sind kompromisslos tighte Produktionen, die von roughen, treibenden Kopfnickerbeats (The Game) bis zu schönen, souligen Tracks (Black Maybe) reichen. Dafür kriegt er auf dem Stück "The People" die nötigen Credits: "My daughter found Nemo, i found the new Premo". Common beweist immer wieder, dass er jeden Beat perfekt zu beherrschen weiß und beeindruckt durchgehend - seine Raps sind zwingend und absolut auf den Punkt, und er beweist einmal mehr, dass er zu den momentan besten MCs gehört. Auf der Producerseite sind neben Kanye der ehemals geschätzte Will.I.Am am Start, der mit seinem Martin Luther King-Sample zumindest zufriedenstellt (A Dream). Der Überproduzent J Dilla hat posthum einen Beat beigesteuert, auf dem Common von D'Angelo begleitet wird (So Far To Go), und auch sonst sind die Gäste nicht überraschend - Dwele, Bilal und Kanye himself, alles alte Bekannte also. Und noch ein alter Hase ist mit im Boot: DJ Premier steuert für die Single The Game seine Trademark-Cuts bei. Und für diese gilt, was man auch fürs ganze Album sagen kann: Nichts neues, aber wie gewohnt gut.

Weiter gehts mit einem Mann, der ähnlich lange dabei ist wie Common und bereits mit seinem ersten Album Illmatic Hip Hop-Geschichte geschrieben hat: Die Rede ist von Nas. Sein neues Album trägt den Titel "Hip Hop Is Dead". Nun ja, das kenn wir doch irgendwoher, mag man jetzt denken, und in der Tat, diese Aussage ist nichts neues. Und auch was er hier anprangert, ist bekannt, der Verfall alter Ideale, Geld regiert die Welt etc. pp. Interessant, dass er ausgerechnet einen Beat des oben bereits erwähnten Will.I.Am für den Titeltrack auswählt. Steht dieser doch mit seinen aktuellen Black Eyed Peas-Veröffentlichungen nicht gerade für das Hochhalten alter Ideale und den 'wahren' Hip Hop-Spirit. Und dann sagt Nas auch noch auf eben jenem, von Will.I.Am produzierten Track: "Everybody sounds the same, commercialize the game, reminiscin' when it was'nt all business" und weiter: "went from turntables to mp3's, from Beat Street to commercials on Macky Dee's"...Naja, es sei Nas verziehen, auch wenn mich der Beat nicht wirklich umhauen kann und er ruhig ein anderes Instrumental hätte nehmen können. Ansonsten ist das Album aber erstaunlich tight, besonders wenn man es laut oder auf guten Kopfhörern hört. Nas besinnt sich auf die alte Mentalität, fordert die Rückbesinnung auf die traditionellen Werte, weg vom big money shit und fragt sich in Where Are They Now, wo die ganzen Old-School-Größen heutzutage sind; der Track ist eine Aufzählung all jener, die mittlerweile nur noch im Gedächtnis einiger älterer Heads weiterleben und längst ihre Relevanz verloren haben. Ein wenig Bombast muss neben den oldschooligen, perkussiven Tracks natürlich auch sein, und so treten bei Black Republican zwei Titanen hinters Mic: zu einem protzigen, dramatischen Streichersample rappen Jay-Z und Nas zusammen auf einem Track - wer hätte das noch vor drei Jahren gedacht! Aber der Beef zwischen den beiden ist ja offiziell Geschichte. Neben Jay-Z geben sich noch ein paar weitere Größen des Geschäfts die Klinke in die Hand - Kelis ist mit dabei, der allgegenwärtige Kanye West, und auch Snoop Dogg gibt sich auf dem Track Play On Playa die Ehre. Alles in allem ist es ein überzeugendes Album, (fast) ohne wirkliche Durchhänger und besser als die Vorgängeralben. Gut zu wissen, dass man auch in 2007 noch auf Nas vertrauen kann - auch wenn sein Klassiker Illmatic auf ewige Zeit unerreichbar bleiben wird.

Eine kleine Anekdote am Rande: auch KRS One meldet sich die Tage wieder zurück, zusammen mit dem legendären Producer Marley Marl sagt er, wie um Nas zu widersprechen: Hip Hop Lives! In bester Teacher-Manier erklärt er es uns: "Hip means to know, its a form of intelligence, to be hip is to be update and relevant, hop is a form of movement, you cant just observe a hop, you gotta hop up and do it". Ob es sich hierbei allerdings um eine direkte Antwort auf das Album van Nas handelt ist mir nicht bekannt.

Der dritte im Bunde ist der gute alte DJ Jazzy Jeff. Die meisten hatten ihn wohl schon abgeschrieben und zusammen mit Will Smith in die unterste Schublade gesteckt. Und das nicht ganz zu Unrecht - schließlich ist zwischen seinen 'revolutionären' Aufnahmen mit Will Smith aka dem Fresh Prince und seinem 'Come Back' vor fünf Jahren einige Zeit vergangen. Als 2002 im Rahmen der Beat-Generation-Reihe des Labels BBE Records sein 'Debut'-Album "The Magnificent" erschien, waren viele positiv überrascht. Die Produktionen waren voll von Soul und atmeten den Spirit längst vergangener Tage. Kein Geprotze, kein Bling Bling, keine dicken Autos und Reime über Nutten und Champagner. Und auch kein Feel-Good-Rap a la Jazzy Jeff & The Fresh Prince. Stattdessen illustre Gastmusiker aus dem Philadelphia-Dunstkreis, der seit jeher als Qualitätsgarant gilt - nachzuschlagen bei den Roots, Jill Scott, Erykah Badu usw. Hinterm Mikro waren neben ein paar bekannten Leuten wie Freddie Foxxx, J-Live, Jill Scott und dem Last Emperor vor allem relativ unbekannte Sänger/Rapper - ein Erfolgsrezept für die Beat Generation-Reihe, wie es scheint; King Britt und DJ Spinna zum Beispiel sind auf ihren Beiträgen für diese Reihe ähnlich vorgegangen. Aber, wie auch immer, es ist ein gutes Album herausgekommen, wie man es von einem alten Hasen wie Jazzy Jeff auch nicht anders erwartet hätte. Nun also, fünf Jahre später, der Nachfolger mit dem wenig originellen Titel "The Return Of The Magnificent". Das Motto scheint auch hier zu sein "Never change a winning team", und so macht Jeff da weiter, wo er vor fünf Jahren aufgehört hat. Beats, die vor Soul nur so triefen, musikalisches und textliches Understatement und eine gute Mischung aus bekannten und frischen Namen auf der Gästeliste. Wieder mit dabei sind J-Live und der großartige Sänger Raheem DeVaughn. Zusätzlich konnte Jeff einige illustre Gäste mit ins Boot holen - so sind neben Pos von De La Soul auch Method Man und, als Hommage an die reanimierte Old School, Big Daddy Kane und CL Smooth dabei, die allesamt einen guten Job machen. Die Produktionen erinnern manchmal an die guten alten Sachen aus der Slum Village/A Tribe Called Quest-Ecke; Run That Back klingt zum Beispiel verdächtig nach The Look Of Love von J88. Auch hier schwebt also irgendwie der Geist von J Dilla über der Produktion - ein Vergleich, der beim weiteren Hören des Albums alles andere als abwegig ist. Neben ein paar Kopfnicker-Tracks (z.B. Supa Jean mit Jean Grae oder Hold It Down mit Method Man) und einem Griff in die Old-School-Kiste (Jeff n Fess mit Rhymefest und Go See The Doctor 2k7 mit Twone Gabz) überwiegen die weichen, schmeichelnden Keyboards und der typische, atmosphärische Sound, den wir schon vom ersten Magnificent-Album kennen. Das Album geht mehr nach vorne als sein Vorgänger und legt den Fokus mehr auf Rap und weniger auf Gesang, was irgendwie schade ist, aber das Hörvergnügen nicht schmälert. Und die Erwartungen nach dem Vorgänger-Album aus 2002 werden mühelos erfüllt - wer The Magnificent mochte, muss hier auf jeden Fall zugreifen. Allen anderen sei zumindest ein Reinhören ans Herz gelegt!

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